Das Geheimnis der Eckstrebe

Oftmals werden wir angefragt, welche Aufgaben und Funktionen die Eckstrebe bei einem Huf hat und ob diese eingekürzt werden sollen oder nicht.

Das Thema Eckstrebe und deren Bearbeitung führt zu sehr kontrovers geführten Diskussionen – hier in Europa sowie auch in den Angelsächsischen Ländern. Die Meinungen gehen sehr auseinander. Aus diesem Grund möchten wir genauer auf die Problematik eingehen.

Welches sind die Aufgaben der Eckstrebe?

Die Eckstrebe ist der verlängerte Tragerand. Sie führt vom äusseren Tragrand aus um das Trachtenende herum, dem Strahl entlang und endet nach ca. 2/3 der Länge des Strahls.

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Sie ist somit die Weiterführung des Tragrandes in den Huf hinein. Demzufolge besteht sie aus dem genau gleichen und extrem harten Material wie der Tragerand selbst.

Die Eckstrebe hat die Aufgabe, die Trachtenenden des Hufes, welche sehr flexibel sind, zu unterstützen. Sie ist mit dafür verantwortlich, dass der Huf sich nicht verengt und hat somit eine wichtige Stützfunktion im Trachtenbereich.

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Die Eckstreben wachsen - in der genau gleichen Geschwindigkeit wie die Tragwände - fortlaufend dem Erdboden zu.

Am Tage X werden sie jedoch Kontakt mit dem Boden herstellen.

Was passiert bei Bodenkontakt der Eckstrebe?

In der Regel gibt es bei Bodenkontakt der Eckstrebe zwei Möglichkeiten:

  • Die Eckstrebe bricht

    Im günstigsten Falle bricht sie ab und regeneriert sich so von selbst.

    Problematischer wird die Sache, wenn Teile der Eckstrebe derart ungünstig brechen, und dabei Bruchstücke den Weg ins Innere des Hufes finden würden. In der Regel geschieht dies immer im untersten Bereich der Strahlfurche. Dies ist die schwächste Stelle im gesamten Sohlenbereich eines Hufes. Das Lahmgehen des Pferdes wäre die unmittelbare Folge davon.

  • Die Eckstrebe erhält Bodenkontakt und bricht nicht ab
    In diesem Falle beginnt die Eckstrebe die Stützfunktion zu verlieren und wird sich auf die Sohle des Hufes umlegen.

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Blaue Linie = Verlauf umgeklappte Eckstrebe, rote Linie = Verlauf Sohlenniveau

Da wie erwähnt die Eckstrebe die gleiche Härte wie der Tragerand besitzt, wird diese beim Umklappen auf die Sohle einen erheblichen Druck auf die Hufsohle ausüben. Die ist mit dem Gehen auf Steinen gleichzusetzen. Gut zu sehen sind diese Druckstellen nach dem Entfernen von umgeklappten Eckstreben.

Druckstelle nach dem Einkürzen der umgelegten Eckstrebe

Druckstelle nach dem Einkürzen der umgelegten Eckstrebe

Hier lässt sich der Druck von unten auf die Huifsohle nur erahnen...

hier lässt sich der Druck von unten auf die Hufsohle nur erahnen...

Umgeklappte Eckstreben können jedoch auch zu Brüchen in der Hornkapsel selbst führen (siehe nachstehende Bilder). Wird der Druck durch die Eckstrebe von innen nach aussen auf die Tragwände zu gross, entsteht ein Riss in der Hornkapsel selbst. Dieser kann von der Lauffläche bis hoch zum Kronrand führen. Dieses Problem ist noch öfters anzutreffen und stellt keine Seltenheit dar.

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Von innen gesehen - Bruch der Hornkapsel durch erhöhten Druck der liegenden Eckstrebe auf das Trachtenende     

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Von aussen gesehen - Bruch der Hornkapsel

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und hier ist es passiert - ohne entsprechende Intervention wäre der Schaden noch grösser geweorden...

                                                                                                    

Hier besteht die Gefahr, dass durch den Bruch der ganze hintere Teil des Trachtenendes wegbrechen kann, was unweigerlich eine Stellungsänderung des gesamten Hufes zur Folge haben wird. 

Weitere Folgen von umgeklappten Eckstreben

Mit dem Umklappen der Eckstrebe verliert das Trachtenende seine Stützfunktion und die Hornkapsel beginnt sich in der Folge zu verengen. Dies stellt der Normalfall dar. Eine Konsequenz davon sind die typischen Zwanghufe. Das Problem ist meist bei beschlagenen Pferden festzustellen. Bei Zwanghufen wird der Ballenbereich extrem gequetscht und infolgedessen nach oben gehebelt. Das Zusammenquetschen des Trachtenbereichs kann zu andauernder Lahmheit führen. Langer und starker Druck im Hufrollenbereich - also dem Bereich von Strahlbein und tiefer Beugesehne - führt zwangsläufig zu Problemen in den empfindlichsten Stellen im Huf.                                                           

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Zwanghuf mit entsprechender Druckstelle auf der Eckstrebe

Als weiteres Problem bei einem Zwanghuf ist das Verkümmern des Strahls. Durch das Zusammenquetschen des Trachtenendes verkümmert der Strahl zusehends. Es bildet sich eine tiefe Strahlfurche, welche nur sehr schwer zu reinigen ist. Folge davon ist oftmals eintretende Strahlfäule.  

Mit dem Verlust der Stützfunktion im Bereich des Trachtenendes geht zudem eine weitere Gefahr für den Huf aus. Wird der Huf vom betroffenen Pferd nur einseitig belastet - dies kann ein Stellungsfehler sein oder von den oberen Extremitäten ausgehen – beginnen die Tragwände zu «machen was sie wollen». Im Normalfalle beginnt die Aussenwand nach aussen zu hebeln, da das Pferd in der Regel die Innenwände mehr belastet. Folge davon ist der typische schiefe Huf.

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Schiefer Huf mit hochgedrückter rechter Balle   

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Gut zu sehen sind auf den vorangegangenen Bildern, die steilen Innenwände sowie die nach aussen drückende Hufaussenwand. Sehr gut erkennbar ist ferner im Schnittpräparat die verheerende Druckbildung der Eckstreben bei einem schiefen Huf. Die nach aussen hebelnde Eckstrebe ist um 1/3 länger als die Gegenüberliegende. Entsprechend gross sind die unterschiedlichen Drücke auf den Knorpelbereich, auf die Tiefe Beugesehne und das Strahlbein, welche direkt oberhalb der Eckstreben liegen.

Aufgrund der nicht mehr stimmenden Druckverhältnisse beginnt sich zudem die Weisse Linie auf der Hufaussenseite zu überdehnen. Folge davon sind tiefe Gräben (Rinnen) in welchen sich Schmutz und Steine festsetzen können. Die Gefahr, dass sich in dieser verbreiterten Weissen Linie sogenannten White Line Disease Bakterien (WLD) ansiedeln können ist sehr gross. 

Sollen die Eckstreben Gewicht aufnehmen oder nicht?

Anhaltender Bodenkontakt der Eckstreben können oder werden Probleme verursachen, wenn sie über eine längere Zeitspanne andauern. Werden sie nicht regelmässig eingekürzt, verursachen sie schädlichen Druck auch auf die inneren Strukturen des Hufes.

Werden alle aufgeführten Punkte in Ruhe überdacht, wird man zum Schluss kommen, dass die Eckstrebe von Natur aus nicht dafür vorgesehen ist, Last aufzunehmen. Das Vorhandensein von Hufknorpeln oberhalb der Eckstrebe sowie das Strahlbein mit der dazugehörende Tiefen Beugesehne (Hufrollenbereich) verbietet dies. 

Wie soll die Eckstrebe ausgeschnitten werden?

Bei der regelmässigen Hufpflege oder dem Beschlag sollen die Eckstreben auf Sohlenniveau eingekürzt werden. Auf keinen Fall dürfen die Eckstreben bis in die Strahlfurche hinein weg- oder ausgeschnitten werden! Die Strahlfurche ist in der untersten Stelle sehr dünn und die Gefahr einer Verletzung des Pferdes sehr hoch. Nachstehend ein Bild einer korrekt eingekürzten Eckstrebe.

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Die Eckstreben sind auf Sohlenniveau heruntergekürzt. Der Huf ist kreisrund, maximal im Trachtenbereich geöffnet und der Strahl präsentiert sich von der allerbesten Seite. Gut zu sehen auf diesem Bild ist die Gegebenheit, dass auch die Eckstrebe eine Weisse Linie aufweist.

Es ist nicht immer ein „Zuckerschleck“ die Eckstreben der Pferde einzukürzen. Vor allem im Sommer und nach einer längeren Trockenperiode kann diese Arbeit zur Tortur werden. Das einwandfreie Einkürzen der Eckstreben bei der Hufpflege oder dem Hufbeschlag ist jedoch essenziell.

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Durch Wässern der Hufe vor der anstehenden Hufpflege kann die Härte der Hufe und der Eckstreben verringert werden - Ihr Hufpfleger/Hufschmied wird es Ihnen danken. Es gibt ferner den Hufen die Gelegenheit, bei langanhaltender Trockenheit entsprechende Feuchtigkeit aufzunehmen. Die Elastizität derselben wird dadurch erheblich gesteigert.

Was passiert mit den Eckstreben der Wildpferde?

Zwangsläufig kommt immer wieder die Frage auf, wie sich die ganze Geschichte bei den Wildpferden verhält. Dort schneidet ja auch Niemand die Eckstreben auf Sohlenniveau herunter. Richtig - es gilt jedoch zu bedenken, dass Wildpferde im Tage Dutzende von Kilometern auf den unterschiedlichsten Böden zurücklegen. Dabei ergibt sich ein natürlicher Abrieb auf die Tragwände sowie auch auf die Eckstreben selbst. Die täglichen Kilometer sind also entscheidend. Nur annähernd kommen unsere domizilierten Pferde auf so hohe Kilometerleistungen oder auf so unterschiedlichen Böden zu laufen. Als weiteres Argument gilt die natürliche Selektion bei Wildpferden. In freier Wildbahn überleben nur Pferde, welche den geforderten Leistungen entsprechende Hufe aufweisen können. Die Natur selbst legt fest, wie lange ein Pferd mit Hufproblemen in freier Wildbahn überleben kann.